Die Pagenbilder im Schloss Ludwigslust

Identifizierung und Datierung

  

Im Jahre 1989 hatte Eckart v. Stutterheim im zweiten Teil seiner „Beiträge zu einer Geschichte der Familie von Restorff“ [nachfolgend EvS, II] zwischen den Seiten 58 und 59 Pagenbilder in Schwarz-Weiß-Fotografie veröffentlicht. Die Uniformen, die die Pagen tragen, könnten – so das Militärarchiv in Kopenhagen – dänische Uniformen sein. Sicher allerdings war man sich dort nicht.

 

Im selben Jahr 1989 fiel die Mauer. Endlich konnte man nach Jahrzehnten wieder in die alte mecklenburgische Heimat reisen. Auf einer solchen Reise wurde im Schloss Ludwigslust die Porträtreihe des herzoglichen Hofstaates mit zwei Bildern der Pagen „von Restorf sen.“ und „von Restorf jun.“ entdeckt. Im Jahre 2003 konnten diese beiden Porträts aufgenommen werden:

 

Page von Restorf sen.

28.

Page von Restorf jun.

29.

 

Sie zeigten eine verblüffende Ähnlichkeit mit den dänischen Pagen. Wie war das möglich?

Die Porträtreihe in Ludwigslust war gemalt worden von Balthasar Denner, einem zu seiner Zeit bekannten Porträt- und Miniaturmaler aus Hamburg. Balthasar Denners Lebensdaten geboren 1685 in Hamburg-Altona, gestorben am 14. April 1749 in Rostock ermöglichten die Identifizierung der herzoglich mecklenburgischen Pagen als Christian Ludwig v. Restorf(f), geboren am 6. April 1733, und dessen Bruder Gustav Ludwig, geboren am 23. November 1735, beide in Neustadt.

 

Über die damaligen Verhältnisse in Mecklenburg-Schwerin gibt Otto Vitense Auskunft in seiner „Geschichte von Mecklenburg“ aus dem Jahre 1920, Seite 251f.:

 

„Im Juli 1713 starb Friedrich Wilhelm auf der Heimkehr von Schlangenbad, wo er vergeblich Heilung von seinem alten selbstverschuldeten Leiden gesucht hatte. In der Schelfkirche fand er seine Ruhestätte.

 

Ihm folgte in der Regierung sein Bruder   K a r l   L e o p o l d ,   ein unerzogener und geradezu gewissenloser Fürst, der über sein Land schweres Unheil brachte, dagegen an allem, was dennoch das Land an Förderung und Hebung erfuhr, völlig unschuldig gewesen ist, wofern er ihm nicht sogar absichtlich entgegenwirkte. In ihm lebte der Geist seines berüchtigten Oheims Christian (Louis) in noch schlimmerer Form wieder auf. Äußerlich der schönste Mann und von imponierender Körperstärke, dabei mehr trotzig und verwegen als tapfer nach dem Vorbilde Karls XII. von Schweden, beseelte ihn eine solche Genußsucht, verbunden mit Eigensinn, Jähzorn und Querköpfigkeit, daß er von vornherein alle Ruhe und jeden Frieden aus seiner Umgebung bannte. Schon vor seiner Thronbesteigung hatte er seine erste Gemahlin nach zweijähriger Ehe verstoßen und auch eine morganatische Ehe mit einer Hofdame wieder gelöst. Seinem jüngeren Bruder Christian Ludwig suchte er die ihm gebührende Thronfolge-apanage vorzuenthalten und verursachte ihm und seiner Mutter auf deren Witwensitz Grabow ständige Unruhe, bei der beide nur durch Einspruch des Kaisers vor dem Ärgsten bewahrt wurden. Der Herzog ist sogar dringend verdächtig, bald nach dem Tode seiner Mutter seinem Bruder samt dessen Familie das Grabower Schloß über ihrem Haupte angezündet zu haben (1725), sodaß sie nur mit Mühe ihr Leben retten konnten. Diese Feuersbrunst äscherte zudem noch den größten Teil der Stadt ein. Wieder durch des Kaisers Hilfe fand Christian Ludwig nach mehreren Jahren in Neustadt ein dürftiges Unterkommen, in dem er aber auch weiterhin in ganz unerhörter Weise unter den Roheiten des Bruders zu leiden hatte.“

 

Zu Lebzeiten der Herzoginwitwe Ulrike Sophie von Mecklenburg, Mutter der vorgenannten Brüder Friedrich Wilhelm, Karl Leopold und Christian Ludwig und Regentin des Klosters Rühn mit Sitz in Neustadt, war August Christian v. Restorff (1700 – 24. 7. 1745) zunächst herzoglicher Kammerjunker und danach Hofmeister der Herzogin gewesen. Schließlich war er Schlosshauptmann zu Neustadt. 1732 hatte er dort Eleonore Amalie v. Bergholz geheiratet, die Tochter des seiner Zeit bekannten Gouverneurs von Holstein-Gottorf. Eleonore Amalie war vor ihrer Heirat herzogliche Hofdame gewesen. In den nachfolgenden Jahren 1733 bis 1735 wurden dem Paar in Neustadt drei Söhne geboren, von denen jedoch nur Christian Ludwig und Gustav Ludwig am Leben blieben. Im Taufeintrag Christian Ludwigs zum 8. April 1733 ist als erster Pate Herzog Christian Ludwig zu Mecklenburg verzeichnet, „so das Kind beständig Selbst hielte“. Gustav Ludwig erhielt seinen Rufnamen nach seiner Patin, der Herzogin Gustava zu Mecklenburg. [Vgl. EvS, II, S. 42f. und 47.]

 

Vor dem Tode der Herzogin-Mutter Ulrike Sophie hatte sie selbst und hatte auch ihr jüngster Sohn Christian Ludwig mit seiner Familie in Grabow gelebt, bis 1725 das dortige Schloss abgebrannt war. In den Jahren zwischen 1725 und 1732, dem Hochzeitsjahr August Christians v. Restorff, war nördlich von Grabow die neue Residenz Neustadt entstanden. Zwischen Grabow und Neustadt lag das Jagdschloß Christian Ludwigs im Dorf Kleinow, aus dem später Ludwigslust werden sollte.

 

Die politischen Verhältnisse in Mecklenburg waren in diesen Jahren verworren und unfriedlich wegen der Unberechenbarkeit und des Eigensinns Herzog Karl Leopolds. Immer wieder sah sich der Kaiser zum Eingreifen gezwungen. Wolf Karge, Hartmut Schmied und Ernst Münch schildern die Verhältnisse in „Die Geschichte Mecklenburgs“, 3Hinstorff – Rostock 2000, auf Seite 90:

 

„Die Regierungsgeschäfte übernahm bereits im Juni 1719 eine in Rostock ansässige kaiserliche Kommission. Der Einfluß der Ritterschaft wurde gestärkt, die Ländereien an sie zurückgegeben. Von der Festung Dömitz aus versuchte Karl Leopold noch über Jahre mit brutaler Gewalt gegenüber allen ihm Verdächtigen in seiner Umgebung die Herrschaft wieder zu erlangen. Im Mai 1728 wurde von Wien aus der Herzog als Landesfürst suspendiert und seinem jüngeren Bruder Christian Ludwig die Regierung übertragen. In den folgenden Jahren tauchte Karl Leopold mehrfach in Mecklenburg auf, kämpfte zusammen mit den Bauern gegen kaiserliche Truppen, mitunter halfen ihm preußische Regimenter.

 

Da Karl Leopold unter Teilen der Bevölkerung noch immer als Landesherr anerkannt war, wurde Christian Ludwig im Oktober 1732 als Kaiserlicher Kommissar bestimmt und ein Rückzug der Kommissionstruppen vereinbart. Von Dömitz zog Karl Leopold nochmals ins Schweriner Schloß, wurde dort von seinem Bruder verjagt und floh nach Wismar. Hier versuchte der untergehende Herrscher seine ausländischen Kontakte zu nutzen, erhielt aber nur noch abschlägige Antworten.

 

Ein letztes Mal ging der entmachtete Herzog im Jahre 1741 nach Dömitz und blieb in der Festung bis zu seinem Tode am 28. November 1747.“

 

Offenbar lebte Herzog Christian Ludwig mit seinem Hofstaat bereits 1737 im alten Schloss in Schwerin, denn in Schwerin wurde dem Ehepaar Eleonore Amalie und August Christian v. Restorff ein weiterer Sohn geboren, der dort am 9. April 1737 getauft wurde. Der kleine Ulrich Ludwig starb jedoch am 18. April 1740 im Alter von nur drei Jahren in Rühn, wohin die Eltern in der Zwischenzeit gezogen waren. [Vgl. EvS, S. 42.]

 

In Rühn verschied zweieinhalb Jahre später, am 17. September 1742, Eleonore Amalie v. Restorff und wurde in der dortigen Klosterkirche beigesetzt. Ihr Grabstein blieb erhalten. Am 24. Juli 1745 folgte ihr August Christian v. Restorff. Auch er fand seine letzte Ruhestätte in der Klosterkirche Rühn. [Vgl. ebd.] Nun waren die beiden überlebenden Söhne Christian Ludwig und Gustav Ludwig Waisen. Da sie Patenkinder des Herzogspaares waren, werden sie wohl bereits im Sommer 1745 als Pagen an den herzoglichen Hof des inzwischen 63 Jahre alten Christian Ludwig in Schwerin geholt worden sein. [Vgl. Vitense, a.a.O., S. 270.]

 

"Zwar konnte Christian Ludwig erst nach dem Tode seines Bruders Carl Leopold im Jahre 1747 die Herzogswürde annehmen, doch beabsichtigte er bereits 1735, sich als Fürst mit Hofstaat abkonterfeien zu lassen, denn Größe und Pracht eines Hofstaates widerspiegelten in gewisser Weise Glanz und Macht eines Fürsten. So wurde mit den Porträts der Hofdamen, Geheimräte, Pagen und Kammerdiener nicht etwa der einzelnen Person gehuldigt, sondern die Menge der Porträts sollte von einem machtvollen Herrscher zeugen. Warum die Porträts schließlich un-vollendet blieben, kann heute nicht mit Gewißheit gesagt werden, zumal Denner in seinen letzten Lebensjahren mehrfach für den mecklenburgischen Hof in Rostock und Schwerin tätig war." [Heike Kramer: Die Menge als Spiegelbild der Macht, Christian Ludwig und die 39 Bildnisse seines Hofstaates, in: MecklenburgMagazin 13/95 (23. 06. 95).]

 

Die Annahme, dass alle Porträts des Hofstaates bereits 1735 entstanden sein sollen, steht jedoch im Widerspruch sowohl zu den Lebensdaten der beiden Pagen von Restorf sen. und jun. als auch zu dem folgenden Auszug aus „(Stempel) Kreisarchiv Ludwigslust: Kurzes Verzeichnis der Bilder in der Großhzgl. Gemäldegalerie“, S. 26:

 

„(...) Ausser den vorstehend verzeichneten Malereien Denners sind noch 46 auf lebensgrosse Halbfigur berechnete Bildnisse vorhanden, die er kurz vor seinem Tode zu malen begann, deren Vollendung ihm aber nicht mehr vergönnt sein sollte. Sie stellen den damaligen Hof dar, den Herzog Christian Ludwig an der Spitze. Alle diese Bildnisse sind bis zu einem gleichen Grade der Ausführung gediehen: es sind allein die Köpfe, auf grauem Untergrunde angelegt. Man sieht, wie es Denner zunächst nur soweit um die nöthigen Sitzungen von Seiten der zu malenden Personen zu thun war, dass er die Bildnissähnlichkeit feststellen konnte. Nachdem diese gewonnen war, wollte er in allem Uebrigen anscheinend so bequem wie möglich verfahren, kaum wohl mit weiterer Anlehnung an die wirkliche Natur. Die Stücke erregen, so wie sie sind, das Interesse des ausübenden Künstlers und Freundes der engeren Landesgeschichte. Sie bildeten einstmals auf dem alten Schloss ein eignes Cabinet. Vg. Groth S. 96 P. Hier werden 49 Stücke genannt. (...) Indessen begriff diese Zahl 49 auch die weiter oben aufgeführten drei fertigen Bildnisse vom Jahre 1735 (Nr. 180 – 182). (...)“

Herzog Christian Ludwig II. hat demnach die meisten Angehörigen seines Hofstaates doch erst nach dem Tode seines Bruders Karl Leopold malen lassen, also in den Jahren zwischen 1747 und 1749, so dass der Tod Balthasar Denners am 14. April 1749 die Erklärung dafür ist, dass die Porträts unvollendet blieben. Dieser Zeitrahmen wird eingegrenzt dadurch, dass Denner bis zum Jahre 1748 mit dem Hof in Schwerin korrespondiert hat. So kann er wohl erst von 1748 an bis kurz vor seinem Tode am 14. 4. 1749 die Porträts der Angehörigen des Schweriner Hofes gemalt haben, eine im Vergleich zu der Anzahl der Bildnisse sehr kurze Zeitspanne, die erklärt, warum die Porträts unvollendet geblieben sind.

 

Am 11. April 1749 schrieb Herr v. Blücher auf Hohen Wangelin einen Brief an den Herzog, in dem er für seinen Sohn Siegfried Ulrich um die „durch den Abgang des Ältesten v. Restorffs“ frei gewordene Stelle als Page bat. [Vgl. Bestand 2.26-2 Hofmarschallamt, Personalakte Siegfried Ulrich v. Blücher, im Landeshauptarchiv Schwerin.] Christian Ludwig v. Restorff, der am 6. April 1749 sechzehn Jahre alt geworden war, hatte demnach gerade den Hof verlassen. Eine Personalakte unter seinem Namen gibt es nicht. Aus seinen weiteren Lebensdaten geht hervor, dass er dreimal verheiratet war und dass von seinen sechs Kindern aus zwei Ehen fünf das Kindesalter überlebten. Christian Ludwig v. Restorff war als Nachfolger seines ersten Schwiegervaters v. Schöning Landrat des Kreises Soldin in der Neumark. Er wurde 63 Jahre alt. [Vgl. EvS, II, S 43.]

 

Am 30. August 1756 starb Herzog Christian Ludwig II., nachdem am 18. April 1755 der umfangreiche, 25 Artikel mit 530 Paragraphen zählende Landesgrundgesetzliche Erbvergleich zustande gekommen und am 14. April 1756 vom Kaiser bestätigt worden war. Sein Nachfolger war sein Sohn Friedrich. [Vgl. Vitense, a.a.O., S. 274; Karge/Schmied/Münch, a.a.O., S. 91.]

 

Herzog Friedrich, genannt der Fromme, regierte von 1756 bis zu seinem Tode am 24. April 1785. Die ersten Jahre seiner Regentschaft waren gekennzeichnet durch die Schrecken des Siebenjährigen Krieges. Otto Vitense schreibt auf Seite 331f. seiner „Geschichte von Mecklenburg“:

 

„Über zwanzig Jahre friedlicher Regententätigkeit waren dem Herzog Friedrich nach den Wirren des Siebenjährigen Krieges noch vergönnt. Bereits seit seinem Regierungsantritt (1756) hatte er seine Residenz mehr und mehr nach dem Jagdschloß in dem Dorfe Kleinow in der Nähe der Lewitz verlegt und den Ort seinem Vater Christian Ludwig zu Ehren, der das Jagdschloß erbaut hatte, den Namen   L u d w i g s l u s t   gegeben. In den siebziger Jahren ließ er dort ein neues, das noch heute bestehende, mit prächtiger Architektur versehene und nach außen mit Pirnaer Sandstein bekleidete Schloß errichten. Von Jahr zu Jahr mehrte sich in dem einst so stillen Ludwigslust die Zahl der Häuser und der Bewohner. Bald erinnerten nur noch wenige mit Strohdächern versehene Häuser an das einstige Kleinow. Stadtrecht erhielt die neue Siedlung jedoch erst etwa hundert Jahre später (1876). Für Schwerin allerdings bedeutete die Verlegung der Residenz nach Ludwigslust (bis 1837) einen schweren Schlag, da des Herzogs Interesse für Kunst und Wissenschaft, für schöne Bauten, für Anlagen in der Natur und auch für Musik sich eng mit seinem geliebten Ludwigslust verknüpfte. Der Erbprinz Ludwig behielt seinen Wohnsitz in Schwerin.“

 

Während Christian Ludwig v. Restorff den Hof verlassen hatte, wurde sein jüngerer Bruder Gustav Ludwig mecklenburgischer Kammerherr. Er heiratete am 22. September 1769 auf Gut Werle Dorothea Charlotte Christine v. Ditten und hatte mit ihr zehn Kinder, von denen die ersten vier in den Jahren 1770 bis 1776 in Ludwigslust geboren wurden, die weiteren sechs Kinder in den Jahren 1778 bis 1795 in Dömitz, wo Gustav Ludwig in seiner Eigenschaft als mecklenburgischer Generalmajor Kommandant der dortigen Festung war. Nur zwei Söhne erreichten das Erwachsenenalter, die anderen acht Kinder starben früh. Ein Ölporträt des ältesten Kindes, des kleinen Ludwig Carl Friedrich (!), geboren am 16. August 1770 in Ludwigslust, blieb erhalten und befindet sich im Besitz von Fricka v. Restorff. Das Kind trägt auf dem Bilde einen kleinen weißen Zettel in der Hand mit der Inschrift:

 

„So oft mein lieber Großvater dieses Bild anschauen, so erinnern Sie sich ständig an Ihren kleinen Sie herzlich liebenden Enkel Ludwig C. F. von Restorff den 1ten Oct. 1772.“

 

Der kleine Junge ist auf diesem Bild, mit dem er seinem mütterlichen Großvater, dem Besitzer von Gut Werle, in Erinnerung bleiben sollte, etwas über zwei Jahre alt. Außer Ludwig gab es zur damaligen Zeit nur die kleine, sechs Monate alte Louise. Ludwig Carl Friedrich starb am 22. Juni 1776 in Ludwigslust im Alter von knapp sechs Jahren, fünf Tage nach der Geburt seines Bruders Friedrich Ludwig Carl Ulrich. [Vgl. EvS, II, S. 47. Das obige Bild s. ebd. zwischen den Seiten 48 und 49.] Der Name des Malers ist unbekannt.

Was nun im Zusammenhang mit den in München hängenden Pagenbildern interessiert, ist die Frage, wer den Auftrag gegeben hat, die Porträts der beiden herzoglich mecklenburgischen Pagen kopieren zu lassen. Dass es sich bei den beiden Bilderpaaren um dieselben Personen, „Page von Restorf sen.“ und „Page von Restorf jun.“ am herzoglichen Hof in Schwerin, handelt, scheint bei genauer Betrachtung zweifelsfrei zu sein. Hinzu kommt, dass auch hier – entsprechend den Bildern in Ludwigslust – die Brüder als „Page von Restorff sen.“ und „Page von Restorff jun.“, jeweils mit zwei „f“, auf der Rückseite der Bilder gekennzeichnet sind.

 

Page von Restorff sen.

Page von Restorff jun.

 

Diese Kopien gemalt in der Art, wie Balthasar Denner sie wohl ursprünglich geplant hatte, können im Jahre 1772 angefertigt worden sein, in dem Jahr, in dem auch der kleine Ludwig Carl Friedrich porträtiert wurde. Es ist denkbar, dass einer der Söhne oder eine der Töchter Denners, von denen es heißt, dass auch sie malten, den Auftrag hierfür bekommen hatte. Als Auftraggeber kommt eigentlich nur Gustav Ludwig v. Restorff in Frage, der ehemalige „Page von Restorf jun.“, der nachweislich von 1770 bis 1776 mit seiner Familie in Ludwigslust gelebt hat. [Vgl. EvS, II, S. 47f.] Allerdings hingen die Bilder des Hofstaates Herzog Christian Ludwigs II. zu dieser Zeit noch nicht – wie man gerne annehmen möchte – in Ludwigslust, sondern noch im alten Schloss in Schwerin:

 

„Die Unterschriften stammen offenbar nicht von Denner, sondern sind erst viel später von irgend Jemand im alten Schloss zu Schwerin hinzugefügt, und zwar in einer Zeit, als das Gedächtnis zweier Persönlichkeiten bereits verloren war, Nr. 11 und Nr. 26. Dies muss aber lange nach 1794 gewesen sein. Denn aus diesem Jahre stammt ein handschriftliches Verzeichniss sämmtlicher Gemälde des alten Schlosses von der Hand Groths, welchem Blatt für Blatt die Aufrisse der alten Zimmerwände mit Hineinzeichnung der Bilder nach ihrem Größenverhältniss zu Grunde gelegt sind. (...)“ [(Stempel) Kreisarchiv Ludwigslust, a. a. O., S. 26f.]

 

Vielleicht war sogar Gustav Ludwig v. Restorff derjenige, der die meisten Namen der Angehörigen des Hofstaates aus seiner Jugendzeit noch in Erinnerung hatte und der so bei der Identifizierung der Dargestellten hat helfen können. Er starb 1804 in Dömitz im Alter von 68 Jahren.

 

Friedrich Ludwig Carl Ulrich v. Restorff, geboren am 17. Juni 1776 in Ludwigslust und einer der beiden überlebenden Söhne Gustav Ludwigs, schied Ende Dezember 1807 als Hauptmann aus dem preußischen Infanterie-Regiment Prinz von Preußen Nr. 18 in Potsdam aus, nachdem er am 4. September 1807 auf Gut Werle seine Cousine Friederike Louise Charlotte Eleonore v. Ditten geheiratet hatte. Am 16. August 1810 übernahm Friedrich die Güter seines Schwiegervaters: Werle, Hühnerland und Wanzlitz. [Vgl. EvS, II, S. 47f.] Es ist anzunehmen, dass mit ihm die vollständigen Pagenbilder nach Werle kamen.

 

Der unverheiratete, kranke Curd Adolf Carl v. Restorff (1867 – 1918), der Urenkel Friedrichs, verkaufte im Jahre 1915 Gut Werle mit Hühnerland und Wantzlitz an seinen Verwandten Alexander v. Levetzow. Als Erben setzte er den Familienverband v. Restorff ein, an den auch die Werler Pagenbilder gingen, die gegenwärtig in München bei Wulf v. Restorff hängen. [Vgl. EvS, II, S. 50.]

 

Zusammenfassung:

 

        Die im Schloss Ludwigslust hängenden unfertigen Porträts des Hofstaates Herzog Christian Ludwigs II. entstanden – bis auf drei – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den beiden letzten Lebensjahren des Malers Balthasar Denner, also 1748 und 1749 und nicht bereits 1735. Der Zeitangabe „1735“ widersprechen sowohl die Lebensumstände Denners als vor allem auch das Alter der Pagen von Restorff sen. und von Restorff jun.

 

        Bei den Pagen „von Restorf sen.“ und „von Restorf jun.“ (damals mit nur einem „f“ geschrieben) handelt es sich um Christian Ludwig v. Restorf, geboren 1733, und Gustav Ludwig v. Restorf, geboren 1735, beide in Neustadt, der damaligen Residenz Herzog Christian Ludwigs und seiner Gemahlin, Herzogin Gustava, die die Taufpaten der beiden Restorf-Brüder waren. Auf den Ludwigsluster Porträts sind die Brüder knapp 16 und etwa 13 Jahre alt.

 

        Die Bilder des Hofstaates hingen zunächst im alten Schloss Schwerin und sind erst sehr viel später, und zwar „lange nach 1794“, beschriftet und noch später nach Ludwigslust gebracht worden. Es ist denkbar, dass Christian Ludwig v. Restorf(f), der zu der Zeit in Dömitz an der Elbe lebte, bei der Identifizierung der Abgebildeten noch hat helfen können. Er starb in Dömitz im Jahre 1804.

 

        Nicht nur die Ähnlichkeit der beiden Brüderpaare, sondern auch die Lebensgeschichte des Jüngeren der beiden „Pagen von Restorf“ lässt vermuten, dass es sich auch bei den vollständigen Pagenbildern um die beiden mecklenburgischen Brüder Christian Ludwig und Gustav Ludwig v. Restorff handelt und nicht um die Brüder Friedrich Johann Peter und August Conrad Otto v. Restorff, wie die Bildunterschriften bei Eckart v. Stutterheim zwischen den Seiten 58 und 59 lauten. Über die Laufbahn Friedrichs, des jüngeren dieser Brüder, liegt folgende Auskunft vor:

 

„Über seinen Werdegang erfahren wir Genaues aus dem Heeresarchiv Kopenhagen (Offiziersliste 1648 – 1814). Er beginnt am 26. Januar 1780 – mit zwölf Jahren – als ‚Kost-Kadett’, über den ‚Kadett-Korporal’, Fähnrich à la suite in der Leibgarde zu Fuß, über weitere Etappen bis zum Oberleutnant in der Garde und Kammerjunker, schließlich zum Stabskapitän, und endet mit dem erbetenen Abschied aus dem königlichen Dienst am 20. Mai 1796.

[Rose-Marie Jessen, geb. v. Restorff: „Geschichte des Hauses Rakow“ (handschriftlich),

Aumühle 1990, S. 5f.; www.von-restorff.de, Familiengeschichte 17. – 20. Jahrhundert.]

 

Auch sein älterer Bruder August war königlich dänischer Offizier.

 

Das Fazit lautet: Es kann sich bei den vollständigen Halbfigur-Darstellungen in München nur um Kopien der Ludwigsluster Pagen-Porträts handeln. Diese Kopien wurden wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Jahres 1772 angefertigt, kamen mit Gustav Ludwig v. Restorff nach Dömitz und wurden mit dessen Tod am 31. 7. 1804 seinem Sohn Friedrich Ludwig Carl Ulrich v. Restorff vererbt, dem Besitzer von Gut Werle. Dort blieben sie bis zum Verkauf des Gutes 1915 durch Curd Adolf Carl v. Restorff (1867 – 1918) an Alexander v. Levetzow-Lelkendorf und kamen schließlich laut testamentarischer Verfügung in den Besitz des Familienverbandes v. Restorff e. V., den Erben Curds v. Restorff. Im Protokoll über den 9. Familientag der Familie von Restorff am 27. März 1919 in Schwerin wurde in diesem Zusammenhang unter Tagungsordnungspunkt 6 No. 3 festgehalten:

 

„Der Familientag nimmt die Erbschaft an.“

 

Unter dem Tagungsordnungspunkt No. 8 steht:

 

„Dem Wunsche des verstorbenen Herrn Curd von Restorff,

daß eine Geschichte der Familie derer von Restorff geschrieben werde,

soll möglichst entsprochen werden.“

 

Maria C. Weiß – v. Restorff

 

 
     
   
     

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